Der Marsch auf München
Geschrieben von: Gabriele Kästele   

Insgesamt versammelten sich am 22. Dezember in Hohenschäftlarn 2769 Landesverteidiger.

Eine dort für die sogenannte „Landesdefension“ erstellte Musterungsliste registrierte 2769 Mann. Die Gerichte stellten folgende Kontingente:

Tölz:  500 Mann
Benediktbeuren: 200 Mann
Tegernsee: 200 Mann
Reichersbeuern, Sachsenkam, Dietramszell: 100 Mann
Valley: 300 Mann
Rosenheim: 70 Mann
Starnberg: 200 Mann
Wolfratshausen: 600 Mann
Aibling:  600 Mann
 
Nur 300 waren beritten, 900 Mann hatten Feuerwaffen, es gab sechs kleine Geschütze. Alle anderen verfügten lediglich über Spieße, Hellebarden, Morgensterne oder bäuerliche Werkzeuge wie Sensen, Mistgabeln und Stangen. Im Alter waren sie zwischen 12 und 80 Jahren, die meisten waren kaum älter als 30 Jahre. War die Erhebung im Unterland noch spontan, so war sie im  Oberland aber geplant und mit Hilfe der Beamtenschaft organisiert. Man handelte im Gefühl, dass man auf Befehl der angestammten Obrigkeit sein Land verteidige.
Als die versammelten Oberländer erkennen mussten, dass die angekündigten Massen nicht erschienen waren, die wenigen Waffen alt und unbrauchbar waren, wurde ihnen bewusst, dass sie so den geplanten Sturmangriff auf die Stadt gar nicht durchführen konnten. Das Kommando wurde dem kurbayerischen Hauptmann Matthias Mayer angetragen, der aber den Oberbefehl erst nach langer Weigerung übernahm. Man musste auch noch erfahren, dass den erwarteten Unterländern noch durch das Korps Kriechbaum der Weg bei Anzing versperrt sei. Außerdem kamen keinerlei Nachrichten von den Verschwörern in der Stadt.
Erneut riet Mayer zum Rückzug. Er wollte sich doch zuerst mit den Unterländern in Valley vereinen und stärken. Obwohl die Mehrzahl für einen Rückzug war, wurde unter Gewaltandrohung der vergleichsweise gut gerüsteten Schützen der Aufbruch nach Norden durchgesetzt. In Baierbrunn aber beschlossen Beamte und Offiziere doch den Abbruch.
Die Schützen konnten sich aber wieder durchsetzen. In Solln kam es zu einem Gefecht mit einer Patrouille der Administration. Ein Überraschungsangriff war also nicht mehr möglich. Dort erfuhr man auch, dass die Münchner Verschwörer zum Abbruch rieten.
So wurde zwar von Mayer der Rückmarsch befohlen, nach einer halben Stunde wurde man bei Pullach wieder von den Schützen aufgehalten, schließlich entzog man Mayer den Oberbefehl und führte ihn als Gefangenen mit.
In dieser Unsicherheit und Verwirrung setzten sich viele Aufständische ab.
Gegen 22 h erreichte man ohne Führung Thalkirchen in einer Stärke von nur noch ca 2200 Mann und teilte sich in drei etwa gleich große Einheiten auf. Mit den Reitern, den Geschützen und den am schlechtest bewaffneten Fußtruppen befestigte man das Dorf Untersendling und schlug das Hauptquartier beim Großwirt auf. Eine Abteilung marschierte zum Roten Turm nahe beim Isartor, die andere zur Absicherung zum Glockenbach südlich des Angertors. Trotzdem die Münchner Bürger so gut wie keine Unterstützung zeigten, griff man am 25. Dezember um 4 h morgens vom Roten Turm aus an. Gegen 7 h erreichte aber Generalwachtmeister von Kriechbaum mit seinen Truppen den Gasteig und griff die Oberländer an. Er holte außerdem seine Kavallerie dazu. Vom Isartor herkommend unterstützten ihn noch zwei  Kompanien des fränkischen Kreisregiments. Viele Anführer der Aufständischen flohen, die meisten der Oberländer wurden von den ausgebildeten Soldaten niedergemacht. Die Kavallerie griff die Oberländer am Glockenbach an. Die wenigen, die dem gnadenlosen Gemetzel entkommen konnten, suchten den Weg nach Süden.
Viele konnten sich nach Sendling flüchten. Stadtkommandant de Wendt und Generalwachtmeister von Kriechbaum marschierten mit 2000 Infanteristen nach Sendling und nahmen Aufstellung. Die Aufständischen waren bald völlig eingeschlossen. Hauptmann Mayer, der jetzt wieder als Führer gerufen wurde, suchte das Leben der Unglücklichen zu retten, entschloss sich sofort zur Kapitulation. Er ließ Chamade schlagen und melden, dass sich die Führer auf Gnade oder Ungnade ergäben. Sie bäten nur, dass man den armen, eingeschlossenen Bauern das Leben schenke.
 
Ihnen wurde Pardon zugesichert. Kriechbaum ordnete an, dass zuerst die Offiziere das Dorf ohne Waffen verlassen sollten. Dann befahl er den Aufständischen, die Waffen niederzulegen und aus Sendling herauszukommen. Die 700 oder 800 Mann kamen aus dem Dorf heraus, knieten sich unbewaffnet auf freiem Feld nieder und zogen ihre Rosenkränze heraus. Sie glaubten, Kriechbaum habe ihnen mit dieser Aufforderung Gnade versprochen.
 
Die Kavallerie begann aber, hemmungslos auf die Wehrlosen einzuhauen, in den Haufen Wehrloser schossen die Infanteristen. Flüchtende wurden bis nach Sendling und in die Kirche hinein verfolgt und niedergemacht. Tote und Verwundete wurden ausgeplündert. Die wenigen Überlebenden wurden am Nachmittag in die Stadt geführt und mussten frierend auf der Straße warten, bis sie in die Spitäler und Klöster gebracht wurden. Ihre Habe wurde in der Stadt verkauft.
In München wurden 1066 Oberländer beigesetzt, die am Weihnachtstag 1705 der Soldateska zum Opfer gefallen waren oder in den folgenden Monaten in den Spitälern starben. Insgesamt dürften 1100 Tote zu beklagen sein. 609 Aufständische waren verwundet, nur 107 unverletzt in Gefangenschaft geraten. 400 bis 500 Mann war die Flucht gelungen.
Das sind die Zahlen, die von Pfarrern schriftlich bezeugt worden waren, wenn man aber außerdem Beamten und Bürgermeister Glauben schenkt, lag die Zahl aber bei 2000 bis 3000 Opfern. Die Verluste der Kaiserlichen dagegen waren mit 40 Toten und Verwundeten verschwindend gering.
Die Münchner Einwohnerschaft hatte sich während der Kämpfe ruhig verhalten und der Administration „die allerunterthenigste treue devotion der Bürgerschaft“ übermittelt. Die Aufständischen vor den Toren wurden verächtlich als „ paurs rott“ abgetan.
Mit der Sendlinger Mordweihnacht brach der Aufstand des Oberlandes völlig zusammen.
 

Unterland

Die Nachricht dieser Ereignisse löste nun im Hauptquartier der Unterländer in Steinhöring Entsetzen aus. Die Leute liefen zu Tausenden davon. Von den 16.000 blieben gerade noch 1100 Mann übrig. Beim Landesdefensionskongress in Braunau am 21. Dez. war die Aufstellung von vier Infanterieregimentern zur Vertreibung der kaiserlichen Besatzung beschlossen worden, wobei aber der Bevölkerung mehr Lasten zugemutet werden mussten, als die Besatzer selbst verlangt hatten.
 
Am 28. Dezember verabschiedete der Kongress eine Anklage- und Rechtfertigungsschrift für den Regensburger Reichstag, die die Bedrückungen und Leiden schilderte, die die Landbevölkerung durch die Besatzungstruppen und die kaiserliche Steuer- und Rekrutierungspolitik zu ertragen hatte. Die Vertreter des Kaisers verweigerten aber bereits die Annahme der Schrift.
 
Vilshofen wurde am 28. Dez. von den kaiserlichen Truppen zurückerobert. Darauf marschierten endlich am 5. Januar rund 3000 kaum ausgebildete und schlecht bewaffnete Unterländer mit dem Anführer Hoffmann auf  Vilshofen zu. Von München aber kam von kaiserlicher Seite Generalwachtmeister Kriechbaum mit 1200 Mann nach Niederbayern. Nun versuchte der Kongress am 6. Januar das Generalaufgebot zu beschließen.
 
Noch bevor der Beschluss zur Wirkung kommen konnte, vernichteten am 8. Januar 1706 die Truppen Kriechbaums bei Aidenbach die Bauerneinheiten in einem gnadenlosen Gemetzel. Vorsichtig geschätzt dürften zwei bis viertausend Tote zu beklagen sein. Auf der Seite der Kaiserlichen gab es nur 8 Tote und Verwundete. Das Waffenstillstandsangebot des Braunauer Kongresses wurde abgelehnt, nur bei Niederlegung der Waffen gab es Schonung, ansonsten gnadenlose Verfolgung.

In den folgenden Tagen löste sich der Landesdefensionskongress  selbst auf. 

 

Zuletzt aktualisiert am Donnerstag, den 23. September 2010 um 11:42 Uhr
 
Erfolgreiche Premiere
Die ausverkaufte Premiere und Uraufführung am 13. Januar war nicht nur ein voller Erfolg beim Publikum, auch die Presse ist begeistert.

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"... Unterdrückung, Verrat, Gemetzel und das zur Weihnachtszeit – es war schwere Kost, was Everding, Intendant Michl Wöllinger und die Ayinger Gmoa auf die Bühne brachten. Aber Dank origineller Inszenierung war es auch kurzweilig und durchaus bewegend. Das Ergebnis: viel Applaus  und Brave-Rufe für das Ensemble."

 
Unter freiem Himmel?
Keine Freilichtspiele im Januar!

Das ist neu: Theater "in-house". Keine Regenbekleidung in Reserve halten müssen. Weil das Thema einen Spieltermin im Winter – nahe an Weihnachten – geradezu fordert geben wir unsere bisherige Tradition auf und spielen im geschlossenen Raum.
Der Ort: Festsaal des Gasthofs zur Post "Fellner" in Großhelfendorf, Dorfstraße 14a.